(Die Daten der vorliegenden Studie beziehen sich auf den 23. Juli 2019.)
Die ausführliche Quellenangabe finden Sie unter folgendem Link: Geschlechterneutralität_ Immatrikulationsanträge in Deutschen Universitäten - Quelle.
Von Hamburg bis Freiburg: Deutschlands toleranteste Universitäten
Betrachten Sie die fünfzig größten Universitäten Deutschlands, fällt Ihnen schnell auf, dass gerade einmal jede fünfte Bildungseinrichtung die Auswahlmöglichkeit “divers” in ihrem Bewerbungsantrag inkludiert hat. Darunter auch die Ränge zwei bis vier von Deutschlands größten Universitäten gemessen an der Anzahl der Studierenden mit der Universität zu Köln, der Westfälischen Wilhelms-Universität (Münster) und der RWTH Aachen. Bei 12.8% der Anträge ohne das dritte Geschlecht besteht immerhin die Möglichkeit, keine Angabe zu machen.
Am progressivsten sind die Technische Universität Berlin, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie die Universität Siegen. Hier kann neben den bisherigen Optionen männlich und weiblich nicht nur “divers”, sondern auch “keine Angabe” ausgewählt werden. Insgesamt befolgen 18% der deutschen Universitäten das Personenstandsgesetz und haben das dritte Geschlecht in ihre Anträge auf Immatrikulation aufgenommen. Dazu zählen neben der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, auch die Bildungseinrichtungen Universität Leipzig, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Georg-August-Universität Göttingen sowie die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Für die Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschlands größte Universität, sind derzeit leider keine Informationen hinsichtlich des Immatrikulationsantrags verfügbar, da die Bewerbungsfrist für die zulassungsbeschränkten Studiengänge bereits abgelaufen und für die zulassungsfreien erst im Laufe des kommenden Monats wieder online zugänglich sind.
“Sehr geehrt(er) Enby Mayer”
Doch nicht jede Universität in Deutschland fragt konkret nach dem Geschlecht. Jeder achte Antrag beinhaltet statt einer Auswahloption des Geschlechtes die Frage nach der “Anrede”. Die Optionen sind entsprechend “Herr”, “Frau” oder “Divers”. Stellt sich die Frage, wie dies in der Umsetzung aussehen soll. Stellen Sie sich doch einmal ein Schreiben von einer Universität vor, mit “Sehr geehrter Divers Mayer, wir freuen uns, Sie im kommenden Semester in unserer Einrichtung begrüßen zu dürfen…”. Klingt im ersten Moment definitiv ungewohnt und hölzern.
Eine weitere Option ist das Substantiv Enby, dass eine nichtbinäre Person beschreibt und zu vergleichen ist mit “Herr” und “Frau”. Das Wort kommt aus dem Englischen von der Abkürzung ‚nb‘ für nonbinary.
Die wichtigere Frage ist jedoch, was dies für die Betroffenen bedeutet. Und gerade vor diesem Hintergrund ist dies ein großer Fortschritt für die Toleranz und Anerkennung der Intersexualität. Laut einem Beitrag der Zeit Online ist weltweit jedes 500. Neugeborene intersexuell. Eine Vielzahl jener schafft es jedoch nicht einmal in die Universität oder zu einem Job, da der gesellschaftliche Druck und der Zwang zur Anpassung zu stark sind. Die Einführung des dritten Geschlechts ist daher - insbesondere im Bildungssystem - von hoher Bedeutung, um eine Gleichberechtigung in der Karriereförderung für jeden einzelnen Menschen zu erreichen.
Bewerbung per PDF oder Portal
Die Immatrikulationsanträge der deutschen Universitäten unterscheiden sich ebenfalls hinsichtlich der Art des Antrags. Während 34% der Universitäten auf Formulare in Form eines PDFs zurückgreifen, verwenden 66% ein Online-Bewerbungsportal. Einen Einfluss des verwendeten Tools auf die Auswahlmöglichkeiten lässt sich jedoch nicht feststellen.
Doch ganz gleich, ob der Bewerbungsantrag per PDF oder Bewerberportal stattfindet, generell sollten deutsche Universitäten nicht länger dem Personenstandsgesetz mit Ignoranz begegnen. Sexuelle Integrität und Akzeptanz ist eine bedeutsame Thematik und sollte nicht unterschätzt werden.